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 Gift im Fisch unter Pseudonym

 Von Viola Bolduan

„DIE LETZTE DORADE“ Journalisten-Krimi

WIESBADEN - Der Autor hat versprochen, mich zu einer Dorade einzuladen. Ich werde ablehnen – nachdem ich seinen Krimi „Die letzte Dorade von Saint Philibert“ gelesen habe. Der Fisch ist nicht sicher. Zu Beginn des Romans ist das Gericht vergiftet, jemand kommt zu Tode – und am Ende, als es sich die beiden Journalisten zur Belohnung ihrer gefährlichen Recherchen selbst gönnen wollen, scheint mit der Speise keineswegs alles in Ordnung. Hospital und schlechte Träume...

Ein vermutlich nur vorläufiges Ende, denn dieses Buch nennt sich auch „Pauls und Leonhards erste Geschichte“. Das kündigt eine Folgende an. Eine Folge von Kriminalromanen, die die Autoren befreit von journalistisch investigativer Aufschlüsselung einer Affäre in die Freiheit von Fantasie und Fiktion. Ihr erstes Buch ist der erste Beweis.

Erstes fiktives Buch

Mit Robert Morgenroth, dem Wiesbadener Autor im Zweierteam, werde ich mir keine Dorade bestellen – gern aber mit dem Kollegen, der sich hinter diesem Pseudonym versteckt: Manfred Gerber, langjähriger Lokalredakteur und -historiker dieser Zeitung, hat gemeinsam mit seinem Freund Bernt Armbruster (Potsdam) sein erstes fiktionales Buch geschrieben. Gerbers Sachbücher, etwa zu Kurhaus oder Wiesbadener Kirchen, sind hier ja hinlänglich bekannt.

Jetzt aber hat die kriminelle Energie der Fantasie das Wort. „Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen,“ sagt der 62-Jährige: „Die Gemeinschaftsarbeit lief problemlos und hat großen Spaß gemacht.“ Den haben ihre erfundenen Figuren-Pendants im Buch, Paul Wiesensee und Leonhard Ross, erheblich weniger.

Umbrüche in der Medienwelt

Sie ermitteln in einem Mordfall, der sie auf die Spur organisierter Lebensmittel-Kriminalität führt. Als Journalisten suchen sie nach Fakten, reflektieren aber auch gleichzeitig ihr Tun. Umbrüche in der Medienwelt sind also ebenfalls ein Thema, wie auch das persönliche familiäre Umfeld – apart versteckt – eine Rolle spielt.

Die Autoren Morgenroth/Hutten also entwerfen mitunter kleine Selbstporträts, wenn sie — der eine eher mit mildem Skrupel, der andere mit Tatendrang im wallraffschen Selbstversuch – sich in die Fänge global angelegter krimineller Machenschaften künstlicher Fischproduktion begeben.

Eine Liebesgeschichte kommt dazwischen – mit nicht nur unglücklichem, sondern tödlichem Ende –, eine merkwürdige Öko-Gruppe mit noch merkwürdigeren Gestalten taucht auf, Totenlisten werden erstellt, ein Scheinbegräbnis hält als Schein nicht lange vor, ein Europol-Agent kann eine Lebensgeschichte erzählen, und auch Journalisten können in Depri-Phasen fallen: Kurzum, es ist gewaltig was los in diesem Krimi, der sich in den Spagat zwischen Fakt und Fiktion fallen lässt und sich im dichten Netz informativer Hintergründe und schillernder Fantasie selbst wieder auffängt.

Manfred und Robert

Eine gelungene Premiere, die freilich ihre Lesezeit braucht, um allen Handlungs- und Reflexions-Details folgen und schmunzeln zu können, wenn man das ein oder andere wiedererkennt. Wie gesagt, von Robert würde ich mich zu keiner Dorade verführen lassen – von Manfred schon.

Bildergalerie

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  • Hessisch Niedersächsische Allgemeine HNA vom 16. Dezember 2015: Fischgeschäfte

             Dorade HNA 16.12.2015Dorade HNA 16.12.2015